Aber warum fällt es dem Souverän so leicht, sich gerade hier zurückzuziehen? … Nicht zufällig heißt der Asylantrag offiziell: »Antrag auf internationalen Schutz«. Diejenigen, die in einem bestimmten Staat, der die Konvention ratifiziert hat, diesen Antrag gestellt haben, sind damit nur Quasi-Rechtssubjekte oder potentielle Rechtssubjekte, sie sind Konventionssubjekte, könnte man auch sagen, Rechtssubjekte besonderer, weil zunächst befristeter Art. Darin sind sie schon einmal den Bürgern des Asyllandes nicht gleichgestellt, und kommen somit als Manövriermasse und politisches Druckmittel gegenüber anderen Staaten in Frage. … Insofern bleibt das Asylrecht internationales Recht, bis ins einzelne Verfahren hinein.
Thomas von der Osten-Sacken: Du hast insofern recht, als die Genfer Flüchtlingskonvention nur den Versuch darstellt, auf internationaler Ebene den Anspruch auf Schutz zu verrechtlichen und damit genau in jener Grauzone anzusiedeln ist, in der sich Völkerrecht immer bewegt. … Aber sie geht weiter als etwa die Konvention zum Kriegsrecht und ist letztlich in einer in Nationalstaaten organisierten Welt das einzige, was in politischer Praxis, jenseits moralischer Appelle, bleibt. Diejenigen, die das bestehende Asylrecht weiter aushöhlen wollen, versuchen es aber, auch da stimme ich zu, eher wie eine Art Kriegsrecht zu behandeln.