»Für Celan war Auschwitz kein Thema.« Diese Notiz, die Peter Szondi im Disput mit dem Literaturkritiker und ehemaligen SS-Mann Hans Egon Holthusen machte, ist vielleicht der wichtigste Satz, der über Literatur und Kunst nach der Shoah geschrieben wurde. Sie legt klar, wie Szondis eigene Antwort auf Adornos berühmtes Diktum, »nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch«, zu verstehen wäre. Diese Antwort lautete: »Nach Auschwitz ist kein Gedicht mehr möglich, es sei denn auf Grund von Auschwitz.« Es geht bei diesem »Grund« um die Form des Gedichts, nicht darum, ob Auschwitz das Thema ist. Das Diktum Adornos hingegen ist ein Urteil, das gerade von der Form absieht. Die Provokation resultiert daraus, dass es fast zum Missverständnis einlädt, das Urteil als kategorischen Imperativ zu lesen: Du sollst keine Gedichte mehr schreiben, weil es barbarisch ist, nach Auschwitz Gedichte zu schreiben. So haben es Celan und Kertész offenbar verstehen wollen und noch in ihrem Missverständnis und in ihrer Ablehnung auf seine Wahrheit verwiesen.