Durch diese rechtliche Integration desintegrativer Bestrebungen und Entwicklungen versucht die EU, destabilisierenden nationalen Initiativen und Alleingängen vorzubeugen wie Merz, Wilders und Co. sie im Sinn haben. Dass diese Möglichkeit der Krise von innen keine explizite Berücksichtigung in der neu erlassenen EU-Verordnung findet, ist alles andere als verwunderlich, muss der EU die Krise doch als eine rein von außen kommende erscheinen, andernfalls wäre sie dazu gezwungen, auf die Frage der Souveränität und ihre eigene widersprüchliche Grundverfassung samt der Konflikte, die sich daraus für ihre Mitgliedsstaaten ergeben, zu reflektieren. Würden die Mitgliedstaaten das EU-Recht ohne Legitimation durch den EU-Rat einfach aussetzen, könnte das – allerdings nur in letzter Konsequenz – zum Entzug des Stimmrechts oder zur Einstellung der Zahlungen aus den Struktur- und Investitionsfonds der EU führen. Einen solchen Fall gab es bislang noch nicht und es ist sehr fragwürdig, ob der umfassende Bruch mit der EU und dem europäischen Asylrecht, das in der nationalen Gesetzgebung verankert ist, wirklich im Interesse der Einzelstaaten liegen kann. Und ich sehe derzeit bei den mit noch so spitzer Feder verfassten Forderungen nach einer Asylrechtsverschärfung kein Anzeichen dafür, dass man wirklich gewillt wäre, gelten sollendes EU-Recht, das in der jeweiligen nationalen Gesetzgebung verankert zu sein hat, auf eigene Faust suspendieren zu wollen.