Der erste Poststrukturalist: Zu Heideggers Ereignis-Philosophie

Genau in dieser Hinsicht erweist sich Heideggers Antisemitismus als der zukunftsweisende. Nicht umsonst erinnert die Vorstellung einer jüdischen Verfallenheit an das bloß Seiende, die in ihrem Ausweichen vor dem Tod niemals ans Sein rühren könne; und der Opfer und Vernichtung entgegenzusetzen seien, um der Vor- und Übermacht eben jenes andrängenden Seienden zu wehren, an die Parole, die Islamisten heute dem als jüdisch verstandenen Westen wie dem jüdischen Staat Israel entgegenrufen: »Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod!« Nach der militärischen Niederringung des Nationalsozialismus nimmt Heidegger dann eine weitere und letzte Überbietung seiner ›Kehre‹ zum ›Ereignis‹, die eine Abkehr von der Subjektivität war, vor, die ihn inhaltlich endgültig zum großen Referenzpunkt des Poststrukturalismus werden ließ, der sich fasziniert zeigt von Heideggers stets aufs Neue variierter Formulierung, der Mensch sei lediglich als eine Ereignung, ein Effekt oder ein Anhängsel des Seins zu begreifen. »Die Lehre von der Vorgängigkeit des Ganzen über die Teile verzückte in den Jahren um die erste Publikation von Sein und Zeit als Leitbild das gesamte apologetische Denken wie heute noch die Adepten des Jargons«, schrieb Adorno 1964 bereits einige Jahre vor Heideggers endgültigem Reimport nach Deutschland über französische Poststrukturalisten wie Jacques Lacan, Michel Foucault oder Jacques Derrida.

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