Der Farhud: Der Anfang vom Ende einer zweitausendjährigen Geschichte

Der Mythos des »goldenen Al-Andalus« wurde maßgeblich von assimilierten europäischen Juden im ausgehenden 19. Jahrhundert geprägt. Dies geschah zu einer Zeit, als der Orientalismus in der Kunst, Architektur und Literatur zum vorherrschenden Motiv wurde, wovon auch zahlreiche Synagogenbauten im maurischen Stil zeugen, die aus jener Zeit stammen. Man berief sich auf den Beitrag der mittelalterlichen Juden unter islamischer Herrschaft zur Herausbildung der modernen Wissenschaften, wie am prominenten Beispiel des Maimonides und seiner Geburtsstadt Córdoba als Schmelztiegel der Religionen gerne angeführt wird; dass Maimonides vertrieben wurde, bleibt dabei meist unbetont. Die Gründe für diese Romantisierung sind komplex und begründen sich nicht allein in der Sehnsucht nach der vermeintlich harmonischen Vergangenheit.

Dessen ungeachtet gründete die Dhimmitude auf der strukturellen Inferiorität und permanenten Demütigung von Nichtmuslimen und ist nicht vergleichbar mit den modernen westlichen Vorstellungen von Gleichheit und Freiheit. Nathan Weinstock kommt aus diesem Grund zu dem Schluss, »dass das Los der jüdischen Minderheiten unter dem Islam sich nicht grundsätzlich vom Status der Juden unter dem Kreuz unterschieden hat« und charakterisiert die Juden in der arabischen Welt als »Pariavolk« – als ein Volk der Ausgestoßenen. Auch nutzt er die Metapher des Hundes, um die Verachtung zu beschreiben, die man den Juden unter dem Halbmond entgegenbrachte und erinnert an den Schlachtruf »Die Juden sind unsere Hunde« aus den 1920er Jahren. Ein Beauftragter der Alliance Israélite Universelle beschrieb diese »Toleranz der Verachtung«, die charakteristisch für das jüdisch-muslimische Verhältnis war, wie folgt: »Der Jude ist das Tier, das man bei jedem Anlass schlägt, aus nichtigem Grund, um seine Nerven zu beruhigen, um seinen Zorn zu besänftigen«.

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