Wirkte Erdoğan in den ersten Tagen nach dem Pogrom vom 7. Oktober angesichts der Vielzahl an rivalisierenden antizionistischen Einpeitschern fast wie ein Getriebener, gelang es ihm bald darauf wieder, sich als Oberhaupt der faschistischen Agitatoren zu inszenieren. Bei der Istanbuler Massenchoreografie am 28. Oktober, zu der die türkische Staatsfront aufgerufen hatte, drohte er Israel unverhohlen damit, dass »wir eines nachts unerwartet kommen« könnten. Die Masse an Brüllvieh sekundierte: »Hier ist die Armee, hier ist der Kommandeur«. Das antizionistische Geschrei verrät vor allem die eigenen revanchistischen Gelüste der nationalen Entgrenzung. So sprach Erdoğan am 28. Oktober unverhohlen davon, dass Gaza, Skopje, Thessaloniki, Mossul und Aleppo ihnen ebenso gehöre »wie unser Blut und unsere Seele«. Und natürlich raunte Erdoğan an jenem Tag auch von den Dunkelmännern hinter den »erbärmlichen Terroristen« in Nordsyrien. Sein antiimperialistischer Opfermythos ist projizierter Geltungsdrang, in Unschuld sich verhüllende imperiale Aggression.