Die falsche Versöhnung von Subjekt und Objekt

Wie gezeigt, behauptet Gadamer, Verstehen sei das Einrücken in einen Überlieferungszusammenhang, in den der Verstehende eigentlich immer schon einbezogen sei. Verstehen enthalte aber nicht nur die Vorprägung des Interpreten durch das Interpretandum in dem Sinne, dass die eigenen Vorüberlegungen über den zu deutenden Gegenstand von eben diesem geprägt seien, sondern auch in dem Sinne, dass man die sachlichen Geltungsansprüche des Tradierten inhaltlich anerkenne, letztlich ein Einverständnis in der Sache herrsche – und das jenseits von Vernunftgründen. Das Verstehen der Vergangenheit wird mit einer Akzeptanz dessen, was sie uns zu sagen habe, verkoppelt. Wie passt die konservative Hermeneutik eines deutschen Philosophen, der von einer monolithischen Tradition ausgeht und sich zu Herrschaft systematisch ausschweigt, zur machtkritischen Diskurstheorie postkolonialer Theoretiker? Die Antwort besteht nicht nur in einer demonstrativen Heidegger-Apotheose auf beiden Seiten, sondern in dem inhaltlichen Versuch, irrationale Wirkkräfte der Geschichte und die religiöse Unterwerfung unter Autoritäten gegen Fortschritt, Vernunft und Autonomie des Individuums wieder hoffähig zu machen.

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