Eros und Identifikation

Der explizite Bezug auf die Psychoanalyse legt es nahe, sich den kontradiktorischen Begriff der Identifikation als zentrales Moment bei der Lösung des Ödipuskomplexes durch eine die Kastrationsgefahr abwehrende Identifikation des Knaben mit dem bedrohlichen Vater zu vergegenwärtigen. Materialistische Kritik bewahrt dieses gewissermaßen anthropologische Moment einer ersten Identifikation mit dem ersten Aggressor auf, zeigt aber ihren ideologischen Überschuss in der Identifikation mit allem, was der Vater jenseits von Schutz und Sorge repräsentiert und exekutiert, also mit der Abstammungslinie, dann mit Staat, Volk und Nation und schließlich mit dem zum Opfer bereiten und gewillten Soldaten. Diese überschießende Identifikation will Gegenidentifikation durch Reflexion auf den produktiven Grund stillstellen.
Was aber bleibt dann im gegenidentifikatorischen Selbstvollzug der »gesamten Person« des Kritikers übrig, das Gegenidentifikation genannt werden könnte? Ist die Aufforderung zur Gegenidentifikation dann mehr als die durch Provokation intensivierte zur Reflexion und zum Nachvollzug des politischen Urteils? Oder entspricht in der Gegenidentifikation doch auch etwas jenem vorideologischen Moment der Identifikation, das in der Psychoanalyse thematisch wurde?

Alle Ausgaben

→ Jetzt Abo abschließen

Newsletter

Gerne informieren wir Sie über Neuerscheinungen, Vortragsveranstaltungen, Rezensionen usw. usf. auch via E-Mail. Hierzu können Sie sich in unseren Newsletter eintragen. 
Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich!
magnifiercrossmenuarrow-up