Georg K. Glaser in der Rue des Rosiers

Im Unterschied zu Geheimnis und Gewalt wirkt die Sprache in der Chronik der Rosenstraße zunächst fast abgeklärt, wie man sich ein Alterswerk vorstellen mag – oder zumindest so, als ob es mittlerweile gute Gründe gäbe, darauf zu vertrauen, dass ein anderer Begriff von Recht sich auch in Frankreich durchgesetzt hat. Der Erzähler, der hier ebenfalls in der Ich-Form, aber anders als in Geheimnis und Gewalt, nicht als fiktive Person, sondern gewissermaßen mit seinem eigenen Namen unterschreibt, wäre in dieser Vorstellung im demokratischen Frankreich endlich zur Ruhe gekommen. Doch dem widerspricht, wie er die Unruhe, die unter den jüdischen Bewohnern des Viertels herrscht, wahrnimmt und beschreibt. Die Gewalt der unmittelbaren Vergangenheit, die sie, sei’s in Europa oder im Maghreb, erfahren haben, wird noch in den komischen und grotesken Situationen im Viertel vergegenwärtigt. Fast erscheint dabei das Quartier Marais wie ein kleiner jüdischer Staat, und die Drohbriefe, die an die Geschäftsleute des Viertels, darunter auch Glaser selbst, verschickt werden, verstärken diesen Eindruck: »Unter der Anschrift stand ›jüdisches Unternehmen‹, auf der Rückseite klebte eine Marke ›resistance AL FATEH‹. Innen stand unbeholfen mit einer Maschine getippt: ›Hau ab! Du wirst aus Frankreich verjagt werden, wie Deine Brüder aus Palästina!‹«

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