Der zweite entscheidende Unterschied zwischen der Situation im ›Dritten Reich‹ und in der NDH bestand darin, dass die Ustaša es mit einer Situation zu tun hatten, die für Deutschland und weite Teile Österreichs undenkbar war: einem bewaffnetem Widerstand, mit dem rund die Hälfte der Bevölkerung sympathisierte, ihn unterstützte beziehungsweise ihm gar angehörte – einschließlich bewaffneter und für die politische Arbeit zuständiger Frauen, die sich 1942 zur Antifaschistischen Frauenfront Jugoslawiens zusammenschlossen. ›Die Partisanin‹ wurde für die Ustaša folglich zu einem mindestens ebenso bedrohlichen Feindbild wie das der als jüdisch imaginierten liberalen Frauenrechtlerin. Tatsächlich stellte die Partisanenbewegung, welche selbstredend ihrerseits alles andere als frei von patriarchalen Vorstellungen war, aber bewaffnete Kämpferinnen zuließ und als regierende Kommunistische Partei Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals in Jugoslawien das Wahlrecht gewähren sollte, für viele Frauen eine ansprechende Alternative und somit für die Ustaša eine besondere Bedrohung dar. Die Partisanin wurde als vermännlichtes Wesen, Sünderin und Kindermörderin dargestellt, wobei der letztere Begriff gegen Abtreibungen zielte. (102) ›Freie Liebe‹ in der Partisanenbewegung und Abtreibungen wurden am drastischsten diabolisiert. So zeigt eine Ustaša-Karikatur ›freie Liebe‹ in der Partisanenbewegung: eine aufgetakelte Partisanin im aufreizend kurzen, pelzbesetzten Kleid, mit rotem Stern und Hammer und Sichel auf der Mütze, einem Pflaster auf der Wange und einem Maschinengewehr in der einen Hand, greift einem Soldaten mit Handgranate am Gürtel mit der anderen Hand lüstern auf den Oberschenkel. (105) Die Partisanin habe keine Scham, würde jede Nacht den Mann wechseln, somit die Heiligkeit der Familie zerstören und die einfachen kroatischen Soldaten zum Übertritt in die Volksbefreiungsbewegung verführen, so die Ustaša-Ideologie.