Heidegger und Hebel oder die Sprache von Meßkirch

Der Philosoph und Polyhistor Heidegger markiert den Bauer, kehrt den Meßkircher heraus, pocht auf den schwäbischen Urkern seiner Herkunft. Im einzigen Gespräch, das ich vor Jahren mit ihm geführt habe, zuckte er entrüstet bei der Frage auf, ob er, der in Freiburg doziere und auf dem Todtnauberg hause, als Badener zu gelten habe: ein Stockschwabe sei er, war die Antwort, und ein Ausspruch über die zwei Menschenschläge illustrierte sie: »Wenn der Badener Wurst sagt, hat der Schwabe sie längst verschlungen.« Der Badener Hebel ist auf diese radikale Weise vom schwäbischen Philosophen verschlungen, verdaut und verheideggert worden, und dagegen sollte hier Einspruch erhoben werden. Denn Hebel gehört nicht zu Heidegger und nicht zum schwäbischen Heuberg: er gehört zum badischen Schwarzwald und zu jener Rheinebene, in der er den größten Teil seines Lebens zugebracht hat. Er gehört als Humanist und Kosmopolit in den Umkreis eines Mannes, den er zeitlebens verehrt und den Heidegger zeitlebens bekämpft hat: Goethe. Er ist gewissermaßen ein Goethe in Duodezformat, hoher Staatsbeamter und Dichter, treuer Diener seines Herrn und heimlicher Frondeur, eminent kritischer Kopf und wortverliebter Artist, toleranter Christ und urbaner Schüler der Antike wie jener Begründer der modernen italienischen Kunstprosa, Manzoni, dessen ländlichen Roman Promessi sposi Goethe 1825 mit der gleichen Begeisterung rühmte wie 1804 Hebels Alemannische Gedichte

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