Nicht an der Seite, an der Stelle Israels wollen sie sein

Der vorliegende Fall liegt aber etwas anders, weil das Interesse, das die europäischen Rechtsextremen mit Israel zu teilen glauben, ein sehr spezielles ist. Die ganze proisraelische Haltung fußt zunächst auf antisemitisch grundierten Bildern von Israel, wie die Analyse seiner doppelten Charakterisierung gezeigt hat: einerseits ›Jude unter den Staaten‹, dem so Autorität zugesprochen wird, andererseits geopolitische Reproduktion des Ausnahmejuden. Außerdem, und das wiegt schwerer, liegt das Interesse darin, sich selbst an die Stelle Israels zu setzen: An die Stelle des von allen Seiten bedrohten Opfers, das gleichzeitig stark genug und aufgrund der allseitigen Angriffe legitimiert ist, sich stark, militärisch und nationalistisch zu verteidigen. Man möchte sich selbst in der schlagkräftigen Opferrolle verbarrikadieren und imaginiert Deutschland, Österreich oder Europa als Spielball der »globalisierten Klasse«, die »die Informationen kontrolliert« und der man als »bürgerliche Mittelschicht« und »sogenannte einfache Menschen« gegenüberstehe. Die viel diskutierte Frage, ob Gauland in der zitierten Rede Adolf Hitler paraphrasierte oder dieses am Antisemitismus angelehnte Ressentiment alleine entwickelt hat, ist dabei nebensächlich. Indem sie sich selbst als Opfer stilisieren und mit Israel identifizieren, stellen sie den Antisemitismus auf eine Stufe mit vermeintlichen oder auch tatsächlichen Bedrohungen, von denen aber keine einzige in ihrer Bedrohlichkeit dem Antisemitismus auch nur ansatzweise nahekommt. So wird über die Identifizierung mit Israel der Antisemitismus verharmlost.

Alle Ausgaben

→ Jetzt Abo abschließen

Newsletter

Gerne informieren wir Sie über Neuerscheinungen, Vortragsveranstaltungen, Rezensionen usw. usf. auch via E-Mail. Hierzu können Sie sich in unseren Newsletter eintragen. 
Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich!
magnifiercrossmenuarrow-up