Eben das ist die große Versuchung, die im Bodensatz der Bombenkrater erstarrte, in denen der Nationalsozialismus versank, eine von allen Zügeln befreite rohe Gewalt, von einer noch stärkeren Gewalt zerschmettert. Dort in den Bombenkratern – und in der Asche auf den Rosten der Krematoriumsöfen – liegt immer noch ein Schatten dieser lockenden Versuchung, nämlich die gewaltigsten Taten zu vollbringen, deren der Mensch fähig ist. Nicht der fiebrige Schauder des Meuchelmords, sondern Mord als rechtschaffene Tat, als heilige Pflicht, aufopferungsvolle Mühsal und als Ruhmestitel. Deshalb waren zwangsläufig alle unblutigen Varianten der »Endlösung der Judenfrage« zu verwerfen. Deshalb konnte sich der Nationalsozialismus auf keinerlei Verträge, Abkommen oder Burgfrieden mit den unterjochten Völkern einlassen. Nicht einmal von der Taktik diktierte Milde oder Mäßigung durfte es geben. Folglich ging es nicht »nur« um »Lebensraum«, nicht »nur« darum, daß die Slawen den Siegern dienen sollten, daß die Juden von der Bildfläche zu verschwinden hatten, indem sie ohne Nachkommenschaft ausstarben oder das Land verließen. Mord sollte Staatsraison sein, ein Instrument staatlicher Politik, das durch kein anderes zu ersetzen war.